Nadja Murad: Ich bin eure Stimme

Nadja Murad: Ich bin eure Stimme

Rezension von Marina Stachowiak (23.10.2018): Ihre Stimme wurde gehört!

Die brutalen Exzesse der Neuzeit gegen alles Andersartige und insbesondere gegen die von der Katholischen Kirche verteufelte Sexualität und das Weibliche bzw. gegen Mädchen und Frauen wiederholen sich bis heute in den kriegerischen Auseinandersetzungen in der ganzen Welt auf selbstähnliche Weise, insbesondere die sexuellen Gewalttaten an Mädchen und Frauen etwa in der arabischen Welt und in weiten Teilen Afrikas. Dabei steht heute wie damals eine Ideologie im Vordergrund, die mit äußerster Macht und Grausamkeit durchgesetzt werden soll. Die „heiligen“ Schriften werden dazu wie gehabt nach patriarchalen Interessen ausgelegt und gedeutet.

Die Verleihung des Friedensnobelpreises an die Jesidin Nadia Murad hat mich deshalb zutiefst berührt. Sie ist eine Überlebende der unglaublichen vor allem sexuellen Gewalt, die Mädchen und Frauen durch den Islamischen Staat erfahren haben und erfahren. Diese 25-jährige äußerst mutige Frau setzt sich als UN-Sonderbotschafterin für jesidische Mädchen und Frauen ein und leiht ihnen ihre Stimme. Sie ist gehört worden! Dass das geschehen konnte, ist ein gutes Zeichen, weil es uns zeigt, dass Veränderung möglich ist.

Murad beschreibt detailliert die brutale Vorgehensweise der Terrormiliz, die durch Fanatismus und Arroganz und den Einsatz von Gewalt, alle, die sich ihrer Ideologie nicht unterordnen oder widersetzen bestraft oder tötet. In Murads Schilderungen wird auch sehr deutlich, was in den Seelen der Opfer geschieht und wie lange es dauert, bis Frauen, die so etwas erlebt und überlebt haben, wieder fähig sind ein halbwegs normales Leben zu führen, wenn das überhaupt geht. Ich bin Nadia Murad sehr dankbar für ihren Mut, ihren Einsatz und nicht zuletzt für ihr unglaubliches Durchstehen dessen, was sie in ihrem Buch schildert. Eine große Frau, die den Friedensnobelpreis absolut verdient hat.